Die Frau des Schakals

Biografie/Historie, Israel/Slowenien 2013

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Vor 50 Jahren, im Jahr 1975, gipfelte eine linksextremistische Terror-Welle in einer blutigen Geiselnahme in Wien. Es ging um Öl, Konflikte im Nahen Osten, gegen Israel, im Hintergrund auch um die Ost-West-Konfrontation. Mittendrin: Eine zurückhaltende westdeutsche Kleinbürgertochter, Mitgründerin der Revolutionären Zellen in Frankfurt/Main. Sie wird Geliebte und Ehefrau des internationalen Top-Terroristen Ilich Ramírez Sánchez alias Carlos, der Schakal. Ihr Name: Magdalena Kopp. DIE FRAU DES SCHAKALS erzählt ihre Geschichte. Und die Geschichte von Rosa, der Tochter von Magdalena und Ilich, geboren 1986 in der syrischen Hauptstadt Damaskus. *** Magdalena Kopp (1948-2015) war Ehefrau des zeitweilig meistgesuchten Terroristen der Welt: Ilich Ramírez Sánchez alias Carlos, der Schakal. Der Venezoelaner war zwischen 1973 und 1994 das Mastermind zahlloser spektakulärer Terrorakte, vorgeblich im Interesse des palästinensischen Volkes. So führte Carlos im Dezember 1975 das Kommando einer Geiselnahme bei der Wiener OPEC-Ministerkonferenz. Die Terroristen erschießen drei Menschen und bringen 70 Personen in ihre Gewalt, darunter mehrere Erdöl-Minister. Wie wird eine stille Gastwirts-Tochter aus Neu-Ulm zur Ehefrau und Mittäterin eines international agierenden Polit-Verbrechers? Glaubt man der Erzählung von Magdalena Kopp, ist sie einfach hineingeschlittert. Noch als Realschülerin verliebt sich Magdalena Kopp in einen linken Aktivisten - und mit ihm in die Protestbewegung der 1960er-Jahre. Die Nazi-Vergangenheit der Eltern anzuprangern, ist in diesen Kreisen Konsens. Die Verharmlosung stalinistischer Verbrechen und Bewunderung von Diktatoren wie Mao und Kim Il-Sung ebenfalls. Die anderen wollen Revolution machen - Magdalena wünscht sich Familie, bringt eine Tochter zur Welt. Nebenbei lernt sie zu fotografieren, gründet die linksradikalen Frankfurter "Revolutionäre Zellen" (RZ) mit, arbeitet beim Verlag "Roter Stern" - und beginnt eine Beziehung mit ihrem Kollegen Johannes Weinrich. Ein schöner und radikaler Intellektueller, der schon früh Kontakte zur gewaltbereiten internationalen Linksextremisten-Szene knüpft. 1975 kommt er wegen eines gegen Israel gerichteten Anschlags auf dem Flughafen Orly ins Gefängnis; nach seiner Entlassung steigt er zu einem der engsten Vertrauten von Carlos auf. Magdalena verlässt Mann und Kind, um ihm in den Untergrund zu folgen. Carlos und Weinrich pflegen beste Kontakte im damaligen sowjetischen Einflussbereich, darunter zum Ministerium für Staatssicherheit der DDR - das wiederum mit Ländern wie dem Jemen, Libyen und Algerien kooperiert. 1980 schlagen Weinrich, Carlos und Magdalena gemeinsam in Budapest ihre Zelte auf. Magdalenas Beitrag für die Aktionen der Gruppe sind Pass- und Urkundenfälschungen; ob sie die Dimension der Mordpläne kennt, lässt sie im Unklaren. 1982 wird sie beim Versuch verhaftet, einen Sprengstoffanschlag auf die Kuwaiter Botschaft von Paris zu verüben. Wiederholte Aufbrüche prägen Magdalena Kopps Leben. Gleichzeitig durchzieht eine seltsame Passivität ihre Erzählungen. Den Beginn ihrer Beziehung zu Carlos schildert sie als Vergewaltigung. Doch was hielt sie an der Seite des selbsterklärten "Revolutionärs"? Warum ließ sie sich ein auf die nebulöse Welt der Agenten und Geheimdienste? Warum machte sie weiter mit, als die Weltverbesserungs-Ideale von einst längst zur Farce verkommen waren? Spätestens seit der OPEC-Geiselnahme ist Carlos reich - und agiert in einem undurchsichtigen Geflecht aus internationalen Intrigen und Mordanschlägen zwischen Damaskus, Bagdad, Paris sowie Ost- und West-Berlin. Sein Vize Johannes Weinrich zieht beim Attentat auf das West-Berliner Maison de France von 1983 die Strippen. Dafür sitzt er auch in der Gegenwart des Jahres 2025 in einem Berliner Gefängnis. In diesen verworrenen Verhältnissen wird Magdalena Kopp 1986 in Damaskus zum zweiten Mal Mutter. Fünf Jahre später trennen sich die Wege der Familie Kopp/Sanchez auf einem Flughafen. Dass es eine Trennung für immer ist, wissen Vater, Mutter und Kind zu diesem Zeitpunkt nicht. Erst nachdem Carlos 1994 verhaftet wird, sagt Magdalena Kopp sich von ihm los und zieht die gemeinsame Tochter Rosa fortan in Neu-Ulm auf. Für DIE FRAU DES SCHAKALS begleitet Regisseur Nadav Schirman Mutter und Tochter nach Paris, als Sanchez/Carlos ab 2011 erneut vor Gericht steht. Rosa ist nun eine junge Frau Mitte 20. Ihren Vater kennt sie nur von Fotos und aus Medienberichten. Sie will endlich wissen, wer er ist. Und sich damit aus der Schattenwelt ihrer Eltern befreien. *** "Der Film von Nadav Schirman lässt mindestens so viele Fragen offen, wie er beantwortet. Die Frage etwa, wie viel Magdalena Kopp von Carlos' Verbrechen wusste, erst recht die Frage, was für ein Mensch Carlos ist - Freiheitskämpfer, machtgeiler Macho, psychopathischer Auftragskiller? Spannend ist der Film aber doch, weil die Folgen von politischer Ahnungslosigkeit, von Opportunismus und Sich-treiben-Lassen in der Person von Magdalena Kopp so offensichtlich werden. (...) Die Fragen, denen sie auch heute noch ausweicht, werden von ihrer Tochter Rosa offensiv gestellt, deren Auseinandersetzung mit dem Vater das eigentlich Beeindruckende dieses Films ist. (...) Sie trifft sogar den Vater im Gefängnis, nachdem sie ihn fast 20 Jahre nicht gesehen hat. Nichts hätte er sie gefragt, klagt Rosa, nur eineinhalb Stunden monologisiert. Aber einen alten, verwaschenen rosa Waschlappen, der angeblich von ihr stammt, hat er ihr gegeben. Ein Zeichen seiner Liebe? Rosa beginnt zu weinen, da ist sie wieder, die verdammte Liebessehnsucht der Frauen: 'Ich will, dass die Geschichte wahr ist.'" (Martina Knoben, auf: sueddeutsche.de) "Im zweiten Teil begleitet der Film die junge Frau auf den Spuren des Vaters, an den sie sich kaum erinnert, weil die Eltern Anfang der Neunzigerjahre aus Syrien ausgewiesen wurden und fortan getrennte Wege gingen. (...) Immer tiefer rutscht die junge Frau dabei in den emotionalen Abgrund, den ihre Eltern aufgerissen haben. 'Alles, was du erzählt hast, erzählt er zu 100 Prozent anders', sagt sie am Telefon zur Mutter. Das eigentliche Opfer in dieser Familie ist nicht Magdalena Kopp." (Angie Pohlers, auf: tagesspiegel.de)
88 Min.
HD
FSK 12
Sprache:
DeutschFranzösisch
Untertitel:
Deutsch

Weitere Informationen

Drehbuch:

Nadav Schirman

Kamera:

Tuomo Hutri

Montage:

Joel Alexis

Komposition:

Lasse Enersen

Originaltitel:

In the Darkroom

Originalsprache:

Deutsch

Weitere Titel:

Die Frau des Schakals

Format:

16:9 HD, Farbe

Altersfreigabe:

FSK 12

Sprache:

DeutschFranzösisch

Untertitel:

Deutsch